Ich weiß: Selbstlob stinkt. Aber wenn es um die Martinigans geht, stimmt es wirklich: Mit diesem Rezept kann man einfach nichts falsch machen. Zumindest könnte ich mir nicht vorstellen, wie das gehen soll (um Regressionsansprüchen von vorneherein vorzubeugen).
Eigentlich gibt es nur eine Sache, die absolut unabdingbar wichtig ist: Die Gans muss von allerhöchster Qualität sein. Klingt logisch, ist es aber leider nicht. Ich will gar nicht wissen, wieviele bedauernswerte billige ungarische Stopfgänse gekauft werden.
Ernsthaft jetzt: Wie oft essen wir denn Gansl? Einmal, vielleicht zweimal im Jahr? Dann darf es doch mal ein bisschen mehr kosten. Hier in Österreich kann man für ein Nicht-Bio Weidegansl ungefähr 10 bis 14 Euro pro Kilo rechnen. Das ist jetzt nicht die Welt, schließlich bekommt man mit einer 4-Kilo-Gans locker vier bis fünf Leute satt, und es ist ein Festtagsessen.
Wo man das Gansl herbekommt? Einfach auf der Website von Weidegans nachschauen und einen Bauern in der Nähe finden. Früh genug vorbestellen ist wichtig! Ich weiß gerne, von wo meine Gans stammt. Bei den Weidegans-Bauern wird sie ein halbes Jahr lang mit Weidefreigang aufgezogen. Da ist dann auch klar, wie sich der Preis ergibt (und dafür ist das auch wirklich nicht teuer meiner Meinung nach).
Alle essen Gänse…
Lustig ist ja, dass ich noch im Oktober einen Artikel gelesen habe, in dem es darum ging, dass die Gänsebauern aufgrund des kommenden Lockdowns Angst haben, auf ihren Tieren sitzen zu bleiben. Von wegen! Es hat sich herausgestellt, dass Gänse heuer gegangen sind wie die warmen Semmeln. Einerseits waren „Gänse 2 go“ bei den Gasthäusern der Renner, andererseits sind natürlich viel mehr Leute daheim, kochen mehr und bereiten sich ihre Martinigans selbst zu. Bei dem Bauern, von dem meine Gans stammt, wollte ich noch eine weitere für Dezember vorbestellen, aber keine Chance, alles ausverkauft.
Gut für die Bauern, schlecht für mich. Anderereits sitze ich gerade hier, gute sechs Stunden nach dem Festmahl, und bin völlig fertig vom schweren Essen. Ich glaube, heute werde ich um 20:30 im Bett sein und meinen Gansl-gefüllten Bauch nur noch von einer Seite der Matratze zur anderen schieben. Das fällt heute unter Extremsportart, soviel kann ich euch sagen. Die drei Kilo mehr, die die Waage morgen zeigen wird, waren es aber sowas von Wert!
Dieser Moment…
Dieser Moment, wenn das Tier fertig gebraten aus dem Ofen genommen wird und etwas unter einem Aluminiumhäubchen (Chemtrails?) gerastet hat. Ich nehme die Geflügelschere zur Hand und setze an, die erste Keule abzuschneiden, und wie von selbst löst sich der Knochen aus dem Gelenk. Und das zarte Brustfleisch lässt sich ganz einfach von der Karkasse abheben, so zart ist es. Ein einziger Traum (wenn vielleicht auch nicht der der Gans).
Keine Angst vor Gänsen
Kommt natürlich drauf an wo. Vor lebenden Gänsen habe ich allerhöchsten Respekt. Ehrlich: Wenn ihr ein allein stehendes Haus habt oder auf einem Hof wohnt, und ihr wollt euch in der Nacht vor Einbrechern schützen, vergesst den Schäferhund! Legt euch Gänse zu. Die Biester sind gegenüder Fremden dermaßen unfreundlich, zudringlich und aggressiv, dass ich mich nicht mal in ihre Nähe trauen würde. Da entdecken sie plötzlich ihre nahe Verwandtschaft zu Schwänen wieder (vor denen ich mich ebenfalls fürchte).
Also, hütet euch vor freilaufenden Gänsen! Aber nicht vor dem Gänsebraten. So, jetzt bin ich kontextuell wieder da, wo ich hin wollte. Kauft euch eine Martinigans höchster Qualität, füllt sie mit Obst und haltet die Bratdauer ein. Dann kann echt nix schiefgehen (ich wiederhole: Schadensersatzansprüche können leider nicht geltend gemacht werden).
Wenn ihr euch die Zubereitungsschritte anseht: Das ist nicht viel und nicht schwierig. Natürlich dauert das Ganze ein Zeitl aufgrund der Bratdauer. Aber solange ihr euren Ofen nicht per Hamsterrad antreibt, macht er es ja eh selbst 😉
Vielleicht noch ein Hinweis zum Rotkraut: Rotkraut mache ich nie selbst. Meine Lieblingsmarke ist das Tiefkühl-Rotkraut von Iglo. In der Mikrowelle oder im Topf aufgewärmt schmeckt es richtig gut. Ich verfeinere es noch mit 200 g vorgegarten Maroni (Convenience olé). Absolut perfekt. Die gesparte Zeit kann man bei einer Prä-Gansl-Laufrunde zum Vorab-Kalorien-verbrennen nutzen (habe ich tatsächlich gemacht). Oder man schläft eine Runde vor, damit man dann nach dem Essen nicht so völlig fertig ist wie ich.
Ich wünsche euch viel Spaß bei der Zubereitung eurer Martinigans! Glaubt mir, die Befriedigung ein perfektes Gansl zu servieren, die muss man woanders erst mal finden. Und da sage ich jetzt nchts mehr dazu… 🙂
PS: Da die Gans zum Anlass des Geburtstags meines Bruders serviert wurde, haben wir danach auch noch eine Sachertorte genossen. Kein Geburtstag ohne Geburtstagstorte! Kein Wunder, dass ich mich wie von fünf Gänsehorden überrannt fühle…
Martinigansl
Equipment
- Gänsebräter
- Geflügelschere
Zutaten
- 1 Weidegans ca. 4 kg
- 5 EL Salz
- 2 Äpfel
- 2 Orangen
- 250 g Softpflaumen Trockenfrüchte
- 3 Karotten
- 3 Zwiebel
- 3 Petersilwurzeln
- 80 g Butter
- 2 Würfel Hühnerbrühe
Beilagen
- Semmelknödel
- Rotkraut
Anleitungen
- Zwei Tage vor dem Tag, an dem die Gans gegessen werden soll, ordentlich einsalzen. Die Haut und die Innenseite damit gut einreiben.in einen großen Plastiksack geben und im Kühlschrank bis zur Zubereitung lagern.
- Den Backofen auf 200°C Ober-/Unterhitze vorheizen.
- Flügelenden abschneiden (d.h. das letzte Glied des Flügels, an dem nur Haut aber kein Fleisch ist). Den Bürzel nach Wunsch ebenfalls abschneiden (ist nur Fett).Die großen Fettansammlungen in der Gans entfernen, sie lassen sich recht leicht ablösen. Entweder daraus einen Ganslaufstrich machen oder entsorgen.
- Äpfel vierteln. Die Orange schälen (samit weißer Haut unter der Schale) und ebenfalls vierteln.Die Gans mit Äpfeln, Orangen und Softpflaumen füllen.
- Die Öffnung mit Zahnstochern zupinnen, danach mit Küchengarn komplett zubinden (siehe Detailfoto im Blogbericht).
- Zwiebel schälen und halbieren, die Enden der Karotten und Petersilwurzeln abschneiden und das Gemüse halbieren. Gemüse in den Bräter legen, einen halben Liter Wasser zugießen.
- Die Butter schmelzen und die Gans rundum damit großzügig einstreichen.
- Gans in den Bräter legen, Brustseite nach unten.
- Den Bräter schließen. Zwei Stunden im Ofen braten. Die Gans wenden, Bräter wieder schließen und nochmals zwei Stunden weiterbraten, bis die Gesamtbratdauer von zwei Stunden erreicht ist.
- Falls die Haut noch nicht knusprig genug ist, den Deckel des Bräters entfernen und offen nochmals 15 Minuten braten lassen.
- Bräter aus dem Ofen nehmen. Die Gans herausnehmen und auf eine Platte legen. Mit Alufolie abdecken und 15 Minuten ruhen lassen, damit sich die Fleischfasern entspannen.
- In der Zwischenzeit den Saft aus dem Bräter durch ein Sieb in einen Topf abgießen. Falls gewünscht entfetten. Den Saft mit den Hühnerbrühewürfeln aufkochen und abschmecken.
- Die Gans mit einer Geflügelschere tranchieren. Dazu die Haxen am Hüftgelenk abtrennen und die Flügel am Schultergelenk. Dann vorsichtig die Bruststücke abheben. Alles sollte sich ganz zart von den Knochen lösen. Restliches Fleisch von der Karkasse abzupfen.
- Gans auf einer vorgewärmten Platte servieren, Rotkraut, Semmelknödel, Bratensaft und die Softpflaumen aus der Füllung dazu reichen.